DER WOLF - in den Augen der Menschen seit Jahrhunderten der Gehilfe des Satans!
Da zwei Personen Kritik an der Haltung der Wölfe im Wiesbadener Tierpark geäußert haben, möchte ich dies zum Anlass nehmen, etwas Grundsätzliches zu unserer Einstellung zum Wolf darzulegen und durch ein Zitat zu untermauern.
Kurz gesagt ist das Problem, dass Menschen den Wölfen keinen Platz zum Leben in Freiheit einräumen und sie Schutz nur in Tierparks haben. Lässt man sie dort einigermaßen natürlich leben - was auch heißt, das es ein Wolfspaar gibt, das Junge zeugt, stellt sich das Problem, was man mit den erwachsen werdenden Wölfen tun soll. In Freiheit trennen sich die herangewachsenen Wölfe von der Familie und gründen ein eigenes Rudel.
„In der Vorstellung der Menschen werden Wölfe zum Sinnbild für das Wilde und Ungezähmte, die Straßengang, für Menschen, die jenseits der Grenzen von Konvention und Konformität leben. Vielleicht hassen Menschen Wölfe auch wegen ihrer Hingabe an die Familie, weil sie dieselben Tiere fressen, die auch wir töten und essen. Wir erkennen so viel von uns selbst in ihnen, dass wir auf Wölfe reagieren, als wären sie ein feindlicher Stamm oder Diebe. Menschen besetzen den Mensch als Bösewicht, sie verwechseln dann den Schauspieler mit der Rolle.
Im Lauf der Jahrhunderte wurde der Wolf‘ zu einem Spiegelbild und Verstärker aller Ängste der Menschen – egal, ob der tagesaktuelle Teufel Luzifer oder Bundesregierung hieß.
Im Mittelalter betrachtete die Kirche Wölfe als die Hunde des Teufels. Einen sichtbaren Beweis dafür, dass Satan sein Unwesen trieb, irgendwo ganz in der Nähe.
Wolfe wurden nicht nur ausgerottet, sie wurden verfolgt – auf dem Scheiterhaufen verbrannt wie Hexen und Häretiker und öffentlich gehängt. Sie waren nicht nur physisch gefährlich, sondern auch als Verführer zu bösen Taten. Gelegentlich wurden Menschen vor Gericht gestellt unter der Anklage, sie seien Wolfsbeschwörer oder Werwölfe.
Noch Jahrhunderte später wurden in Amerika gefangene Wölfe manchmal in Brand gesteckt oder man sägte ihnen den Unterkiefer ab oder verschloss die Kiefer mit Draht, bevor man sie wieder frei ließ, damit sie verhungerten. Dough Smith spricht von „einer Vergeltung, wie sie an keinem anderen Tier ausgeübt wurde“. …“ Carl Safina, Die Intelligenz der Tiere, S. 204 f
„Nur zwei Todesfälle von Menschen durch wilde Wölfe sind in Nordamerika bekannt, einer in Saskatchewan im Jahr 2005 und der andere in Alaska im Jahr 2010.
Tatsächlich sterben durch Wölfe Menschen seltener als an jeder anderen Todesursache.“ Ebenda, S. 210
Carl Safina ist Meeresbiologe und einer der bekanntesten Naturschriftsteller weltweit. Er ist Gründungsdirektor des Blue OceanInstitute und hat die Stiftungsprofessur für Natur und Humanität der Stony Brook University im US-Bundesstaat New York.